Horgel's heiterer Hilferuf

Freitag, Juli 21, 2006

horgel auf station ("Die Uniklinik" oder "Der Frankenberger Patient" Teil 2)

*gähn*

seit 2.30 ist der druckverband in meiner rechten leiste ab und ich fühle mich frei wie nie! bis zu diesem zeitpunkt hatte ich 12 stunden auf dem rücken liegen müssen, konnte nicht pinkeln und den rest schon gar nicht! nicht weil ich nicht gewollt hätte, es fiel mir nur einfach schwer, mir mal die flasche zu nehmen und unter der decke vor den leuten ... naja ... *pullerpuller* ... man kann sich vorstellen, dass ich heute morgen eine ganz andere definition von "fest" und "party" habe als bis zu diesem tage!

durch die klotüre (das klo ist auf unserem zimmer) höre ich, wie die zimmertüre aufgeht und erwarte einen pfleger, der sich besorgt erkundigt, ob hier alles in ordnung sei. nicht, dass jemand geklingelt hätte - es sei nur so ..., dieses donnernde grollen in verbindung mit dem geräusch eines sintflutartigen niederschlags habe ihn überlegen lassen, vielleicht die fenster zu schließen, damit es von draußen nicht reinregnet ...


8.00 uhr

eigentlich sollte es frühstück geben.

ich habe auch ganz genau gehört, wie der essenswagen auf die station gerollt wurde.

es kommt aber keiner rein.
niemand der klopft, keiner, der mit dem ellbogen die klinke der zimmertür niederdrückt, weil er mit beiden händen das tablett mit meinem frühstück hält.

ich habe auch ganz genau gehört, dass die wohl ausgerechnet heute die visite vorgezogen haben ...

ich beschließe, das mal selber in augenschein zu nehmen.
türe auf - horgel raus - türe zu.

ich linse nach links, linse nach rechts, niemand zu sehen.

und da steht er, das objekt meiner begierde: der essenswagen!
(habe ich schon mal erwähnt, dass ich als jugendlicher bei den pfadfindern war?)

ich würde mal schätzen luftlinie 3 m ...

horgel auf zehenspitzen, das wasser läuft mir im mund zusammen. *pirsch*

nur noch 1 m, ich kann quasi meine hand danach ausstrecken ... ich rieche den kaffee, denke mir ein danklied aus und summe in gedanken "danke für dieses gute essen, danke für jeden neuen tag, danke, dass ..."

"herr f.!?" nie in meinem leben hat sich die liebliche stimme einer hübschen krankenschwester in markerschütterndes kasernenhofähnliches wortinferno verwandelt!

horgel kleinlaut: "ja?"

sie: "haben sie hunger?"

ich: "ich? nein. wieso?"

sie: "weil sie gerade die hand nach dem essenswagen ausgestreckt haben!"

ich (entsetzt): "das ist der essenswagen? ach du liebe zeit! na sowas ... ich war der meinung, wissen sie, ich habe einen krümel auf meinem stecklaken und wollte nur ein neues holen, bevor die visite ... sie verstehen?"

türe auf - horgel rein - tür zu.

*klopfklopf*

ahaaa, die visite rollt an und das frühstück somit immer näher ... *sabber*.

ein oberarzt, zwei assistenzärzte und zwei studentinnen mitsamt schwester stehen um mein bett. ich überlege mir gerade, ob das nicht der gründung einer terroristischen vereinigung gleichkommt oder man ein versammlungsverbot aussprechen sollte, als die schwester (ja - die von eben!) ihre stimme hebt und mich vorstellt.

während sie mit meinem nachnamen so ihre probleme hat, kommt mein krankheitsbild relativ flüssig rüber.

die stirn des oberarztes zieht sich in falten, die assistenzärzte horchen auf während die studentinnen etwas tuscheln, das sich so anhört wie *angelika nie* oder *ach gell, jetzt oder nie!* da ich etwas eitel bin, beziehe ich das sofort auf mich (irgendeine angelika interessiert sich wohl für mich).

ich, unschuldig: "wie bitte?" ich kann mir ein grinsen nicht verkneifen ...

eine der studentinnen: "wir haben nur über ihren eingriff gestern gesprochen - die *angiographie* ..."

"ahja ... verstehe ..."


nachdem der letzte patient besprochen worden ist, verlässt die meute das zimmer und durch die offene tür betritt ein pfleger - einem erzengel gleich - den raum, auf den händen das von mir so herbeigesehnte frühstück.

ist klar. einer nach dem anderen. ok. ist wie an der kasse im supermarkt: man steht immer in der reihe, die am kürzesten scheint und am längsten braucht. und heute morgen wird offenbar gegen den uhrzeigersinn verteilt.

auch gut.


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